Yoga + “Sucht”

Heute möchte ich von meiner ersten Yoga-Erfahrung berichten. Ich war damals 16 Jahre alt, als ich im Zuge eines Schulpraktikums in einer Organisation, die mit geflüchteten Menschen arbeitet, die Möglichkeit bekam, an einer Yoga-Stunde teilzunehmen. Yoga war mir zu diesem Zeitpunkt nicht ganz fremd, doch hatte ich es noch nie praktiziert. Meine Neugier wuchs, da ich schon viel davon gehört hatte, mich bislang aber nicht damit identifizieren konnte. Schnell stieg meine Begeisterung, ich konnte mich voll und ganz darauf einlassen. Doch die eigentliche Faszination erlebte ich am Heimweg im Bus. Am Telefon berichtete ich einer Freundin, dass ich das Gefühl habe, auf meinem Sitz zu schweben. Eine Leichtigkeit, die mir das Gefühl gab, zu fliegen, frei zu sein. Ein „High“ zu erleben, so drückte ich es aus. Und auch wenn ich keine Erfahrungen mit Drogen hatte, so stellte ich es mir vor.

Leichtigkeit und Freiheit zu erleben, in einem Kopf, der es liebt zu denken und zu hinterfragen, war bereits damals für mich ein besonderes Erlebnis!

Mittlerweile durfte ich über meine Arbeit als Sozialarbeiterin viele Eindrücke von meinen konsumierenden Klient:innen sammeln, wie es sich anfühlt „high“ zu sein und auch lernen, welche Bedürfnisse hinter dem Konsum, dem Wunsch dieses Erlebens, stecken.

Drogen - Warum?

Um Loszulassen, abzuschalten, um unangenehme Gefühle, Herausforderungen und schwierige Situationen zu bewältigen, Erlebnisse und Erinnerungen zu überwinden, ein bestimmtes Gefühl hervorzurufen, eine neue Perspektive zu gewinnen …

Die Gründe sind so vielfältig, wie die unterschiedlichen Substanzen, die es gibt!

Eine Schnellstraße, um eine Auszeit von meinen Gefühlen zu nehmen, mein Gedankenkarusell zu stoppen oder mein Denken zu erweitern. Eine Schnellstraße, deren Abfahrten immer weniger werden, je länger ich mich darauf befinde.

Doch warum das Risiko eingehen?

Weil mir alternative Strategien fehlen, mit gewissen Dingen umzugehen, sie zu bewältigen, das gewünschte Erleben zu erreichen.

Fühlen wir uns nicht alle manchmal überfordert, abhängig, eingeschränkt, gehemmt, haben unerfüllte Bedürfnisse?

Yoga kann dein Repertoire hier erweitern!

Yoga ist keine Droge, doch kann es ein weites Wirkungsspektrum im positiven Sinne abdecken.

In seiner ganzheitlichen Form, nicht nur bezogen auf die Asana-Praxis/körperliche Übungen, sondern auch durch Pranayama/Atemübungen, Meditation und mit der Grundhaltung, die die Yogalehre vermittelt, kann Yoga hier unterstützen. Dann erlebe ich genau das.

Ich befähige mich selbst, zu innerer Ruhe zu finden, loszulassen, mich zu akzeptieren, an mich zu glauben, neue Perspektiven einzunehmen, mein Gedankenspektrum zu erweitern, darauf zu achten, was ich brauche, was wichtig ist für mich.

Das alles sind Gründe dafür, warum mich Yoga so fasziniert und ich diese Erfahrung weitergeben möchte!


Wir leben in einer sehr schnelllebigen Gesellschaft, sind vielen Erwartungen und Druck ausgesetzt, kommen dadurch schnell aus dem Gleichgewicht, leben ungesund. Entwickeln (unbewusste) Routinen und Denkmuster, die zur Gewohnheit werden, Abhängigkeiten, die Teil von uns selbst werden. Schnellstraßen, die wir als Reaktion in verschiedenen Situationen nutzen. Yoga ist ein unglaublich wert- und kraftvolles Instrument, um auf uns selbst zu achten, uns selbst zu nähren, ein „gutes Leben“ zu führen!

Für mich als verkopften Menschen, der vieles gerne zerdenkt und sich schwer tut loszulassen, hat Yoga in vielen Momenten Klarheit geschaffen, darüber, was ich brauche, was ich wirklich will und mich dabei in meinem Veränderungsprozess, in der Entscheidungsfindung zu mehr Erfüllung, mehr Selbstfürsorge und Zufriedenheit unterstützt!

Das satte Grün der Reisfelder von Tegalalang, Bali

Wichtig ist mir hier zu betonen, dass Yoga keine Therapie ersetzen kann. Yoga kann diesen Prozess jedoch unterstützen und begleiten, Zustände von Angst und Depression, die mit einer Entwöhnung oft entstehen, lindern und die Leere füllen, die durch das Ausbleiben des Rausches, der bislang gewohnten Strategien – durch jede Veränderung, entsteht.

Yoga ist mehr.

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Yoga + “Perfektion”